Welches »Rezept« hilft bei ADHS/ADS?

Im Beratungs-Kontext aber auch in ganz alltäglichen Gesprächen mit Eltern und an ADHS interessierten Menschen lässt sich die meiste Verunsicherung rund um das Thema »Medikation« beobachten. Die Fragestellungen hierzu weisen dabei auffallend oft in zwei ganz unterschiedliche Richtungen:

Da sind zum einen jene Eltern, Bezugspersonen und zuweilen auch Fachleute die sagen: »Ohne Medikation geht bei ADHS gar nichts, da sonst keine andere Therapie überhaupt sinnvoll ist !« So beispielsweise der Einwurf eines Kinderarztes anlässlich einer Podiumsdiskussion zum Thema Hyperaktivität.

»Also ohne das Medikament würde mein Kind den Vormittag in der Schule gar nicht überleben! Wir sind froh, dass wir es haben!«, erklärt der Vater eines zehnjährigen Buben.

Der Vater eines zwölfjährigen Jungen wiederum erklärt: »Wir geben unserem Sohn nun schon seit seinem 6.Lebensjahr durchgehend sein Medikament, denn sonst würde er die geforderten Leistungen nicht bewältigen können!«

Es häufen sich aber auch Aussagen, die in eine deutlich entgegengesetzte Richtung weisen, aber auch einen großen Grad an Verunsicherung in sich tragen:

»Also seit bei meinem Kind ADHS festgestellt wurde, bin ich total beunruhigt, weil ich zwar alles für mein Kind tun möchte, aber es auf keinen Fall mit Medikamenten behandeln will!«

In diesem Fall wurde übrigens eine Auslassung, also das vorübergehende Weglassen des Medikaments über mehrere Wochen hinweg, bisher kein einziges Mal vorgenommen.

Die Indikation für eine medizinische Behandlung richtet sich nach dem Schweregrad, den jeweiligen Symptomen sowie nach dem Alter des Betroffenen. Wegen der Komplexität der Störung wird angestrebt, wie schon erwähnt, zusätzlich zur medikamentösen Therapie verschiedene weitere Behandlungsansätze zu einer auf den Patienten und sein soziales Umfeld zugeschnittenen Therapie zu kombinieren.

Medikation als Monomodaler Ansatz

Die Medikation als einzige Maßnahme für eine Behandlung von ADHS-betroffenen Kindern und Jugendlichen (monomodal) entspricht nicht den Therapierichtlinien, sie soll immer nur einen Teil der Therapie darstellen. Außerdem ist natürlich für den Einsatz eines Medikamentes die strenge Diagnose ADHS durch einen spezialisierten Facharzt unbedingt erforderlich. Da mit ADHS häufig andere Störungen gemeinsam auftreten, sind dabei auch Differentialdiagnosen und störungsrelevante Rahmenbedingungen zu erheben.

Die sogenannten Psychostimulanzien, wie die bekannte Substanz Methylphenidat oder der Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer Atomoxetin, welche allesamt derzeit für Kinder ab dem 6. Lebensjahr zugelassen sind, können zwar eine gewisse »Abschirmung« vor noch mehr negativen Erlebnissen erreichen, aber es »…sollte klar sein, dass diese Substanzen nicht heilen können, sondern bestenfalls einige wenige Symptome lindern helfen«, betont der schon zitierte Hans-Reinhard Schmidt. Schon deshalb sollten Medikamente keinesfalls als alleinige Lösung angesehen und angewandt werden.

Medikamente von ihrer »guten Seite«

Bei Ihnen, als interessiertem Besucher von KONZENTRUM, soll jedoch keinesfalls der Eindruck entstehen, dass Medikamente und deren Gabe hier in ein negatives Licht gerückt werden sollen.

Einer dieser Blickwinkel ist durchaus positiv: Medikamente können sogar Kindern dabei helfen, überhaupt erst Zugang zu einer weiteren Therapieform, beispielsweise einer Psychotherapie oder einer anderen begleitenden Therapie, zu finden.

»Das vordringliche Ziel sollte aber in jedem Fall sein, dass man durch begleitende Maßnahmen das Medikament langsam immer niedriger dosieren kann, z.B. durch hochwertige diätische Nahrungsergänzungen, bis es schließlich überflüssig wird«, fordert beispielsweise der Bonner Psychologe Hans Reinhard Schmidt.

Medikamente von ihrer »weniger guten Seite«

Bevor wir uns mit einzelnen Substanzen auseinander setzen, gilt es festzuhalten, dass ALLE angebotenen Medikamente, da sie unmittelbar im Gehirnstoffwechsel wirken, auch einen signifikanten Einfluss auf die Selbstwahrnehmung des Betroffenen und damit auf die Persönlichkeit / das Verhalten, das schlussendlich von ihrem Umfeld wahrgenommen wird, ausüben!