Top-Tipps für Erwachsene

Wie viel Positives Sie als Elternteil in Ihrer täglichen Erziehungsarbeit bewirken können, versucht KONZENTRUM Ihnen anhand einiger kurzer Fallbeispiele, aber auch anhand konkreter Verhaltens-pädagogischer, oder sogar therapeutisch wirksamer Tipps und Tools näher zu bringen. Es sind einfache Methoden und Umgangsweisen, die Sie täglich ohne weitere Vorkenntnisse daheim anwenden können.

Der möglicherweise bestehende Leidensdruck beim Zusammenleben mit Ihrem ADHS-Kind, oder Ihrem Kind mit Konzentrations-Schwächen (selbstverständlich aber auch mit Ihrem Partner oder Ihrer Partnerin, sofern diese von diesen Symptomen betroffen sind) kann sich bei konsequenter Anwendung der vorgestellten Tools bald deutlich verringern.

Hier gleich ein erster Tipp:

Versuchen Sie, den Gedanken an das »warum« und »woher« (ob zum Beispiel nun eine genetische Veranlagung vorliegt oder nicht), zunächst einfach beiseite zu lassen. Beschäftigen Sie sich nun tatsächlich nur mit den einzelnen Symptomen und Besonderheiten die Ihnen bei Ihrem Kind bisher aufgefallen sind.

Sie werden staunen, wie viele Veränderungen Sie selbst in die Hand nehmen können. Dies fällt Ihnen jedoch sicher umso leichter, wenn Sie einige »hausgemachte« Auslöser und Verstärker für manch ein »Fehlverhalten« besser verstehen und Sie diese auch als solche akzeptieren.

An einigen verstärkt auftretenden Symptomen und Verhaltensweisen, die wir mit ADHS und Konzentrationsschwächen in Verbindung bringen, haben die wichtigsten Bezugspersonen im Leben eines Kindes nämlich zuweilen einen nicht geringen Anteil. Manch eine Verhaltensbesonderheit oder Schwäche entwickeln Kinder nämlich allein schon, wenn wir als Eltern uns als Vorbild dazu »anbieten»! Einfacher formuliert: »…wenn wir uns ganz genauso zerstreut, hektisch, unkonzentriert, sichtbar überfordert oder ähnlich verhalten!«.

Das Leben der Eltern ist das Buch, in dem die Kinder lesen. (Aurelius Augustinus)

Wie leicht sich manche Veränderungen aber tatsächlich in die Wege leiten lassen, sobald Eltern den Blickwinkel ihres betroffenen Kindes einnehmen, werden Sie erkennen, wenn Sie »Zappelphilipps Top-Tipps« erkunden.

Nach vielen Recherchen und Gesprächen mit betroffenen Kindern und Jugendlichen, stellt Ihnen KONZENTRUM viele Umgangs-Tipps vor, denen ein zumeist leicht nachvollziehbarer kindlicher Blickwinkel zu Grunde liegt. Unsere pädagogischen Berater vom Verein KiddyCoach (www.kiddycoach.or.at) haben ihre Erfahrungen aus Gesprächen mit Kindern und Jugendlichen in Tipps umgewandelt. So erfahren Sie »aus erster Hand«, wie Sie als Eltern entspannter mit speziellen Phänomenen und Verhaltensweisen umgehen können, aber auch, was sie bisher vielleicht nicht ganz so entspannt hinbekommen haben.

Allem Leidensdruck zum Trotz können Sie so doch mutig ein wenig mehr Platz für entspannte Betrachtungsweisen schaffen und dadurch Leben mit ADHS mehr Raum für Leichtigkeit und Heiterkeit geben.

 

Was Eltern wahrnehmen! Wie sie damit umgehen!

Eltern-Wahrnehmung: Unwilligkeit?

»Du könntest ja viel mehr, aber du willst offensichtlich gar nicht.«

Dieser Standardsatz zum Thema Unwilligkeit ist natürlich nicht nur von Eltern ziemlich oft zu hören, sondern sehr oft auch aus dem schulischen Umfeld.

Kinder-Wahrnehmung: »Im Gegenteil«

Befragt man ADHS betroffene Kinder, empfinden sie es zumeist so, dass sie sich ohnehin permanent und nach Kräften bemühen, also eigentlich das genaue  Gegenteil von Unwilligkeit in sich tragen. So vieles würden sie nämlich gerne schaffen, nur leider geht das einfach sehr oft nicht ohne liebevolle und vor allem entspannte Hilfe. Wenn sie manch eine Arbeit nicht gerne beginnen, oder nur sehr verzögert durchziehen, so hat das mit Sicherheit nichts mit Unwillen zu tun sondern mit einem viel tiefer gehenden Phänomen: mit mangelnder Selbsteinschätzung bzw. geringem Selbstwertgefühl. »Ich kann das ja ohnehin nicht, also fang ich gar nicht richtig an !«, mag vielleicht manch ein betroffenes Kind oder Jugendlicher einfach schon vor dem Beginn einer gestellten Aufgabe denken.

Wir wünschen uns für uns selbst so vieles, was wir anderen gar nicht erzählen.

Unsere Wünsche sind die Vorboten der Fähigkeiten, die in uns liegen. (Johann Wolfgang von Goethe)

»Zappelphilipps Top-Tipps«

Wenn Ihr mich schon als »unwillig« empfindet, bedenkt bitte, dass mich eine »laut gedachte« Einschätzung wie diese ziemlich verletzen kann. Wenn Ihr mich nämlich als unwillig und charakterschwach bezeichnet, belastet das mein ohnehin schon hypersensibles Gemüt und damit auch mein Selbstwertgefühl sehr.

Und genau diese Belastung lässt mich dann noch unruhiger und zappeliger werden.

So helft ihr mir:

Passt bitte genau auf, wenn ich es einmal schaffe, mit viel Eifer an eine Aufgabe heranzugehen. Wenn ihr genau diesen einen positiven Moment auch positiv wahrnehmt und noch ein winziges Lob dafür übrig habt, dann fällt es mir beim nächsten Mal noch viel leichter keine »Unwilligkeit« zu zeigen. Versprochen!

Übrigens: Wenn ihr mit mir über mein ADHS redet, oder wenn ich bloß zufällig dabei bin, solltet ihr meine Schwächen bitte keinesfalls als »Krankheit« bezeichnen. Mir persönlich tut das jedes Mal heftig weh, wenn mich einer als »krankes Kind« bezeichnet: Wenn ich auch mit meiner Konzentration und inneren Unruhe manche Schwierigkeiten habe, ich bin nicht »krank« – basta!

 

Eltern-Wahrnehmung: Ablenkbarkeit

Fallbespiele: Hörversuche

»Du schaust mich ja gar nicht an, wenn ich mit dir rede.«

»Ich glaube, du willst ja gar nicht zuhören, wenn man dir etwas erklärt.«

»Sogar während wichtiger Schularbeiten, schaut der Bub beim Fenster hinaus den fallenden Blättern zu!«

Sätze wie diese hören die achtjährige Anna, der 11 jährige Benjamin und der 14 jährige Florian beinahe täglich von ihren Eltern oder in der Schule.

Kinder- Wahrnehmung: »noch mehr Gegenteil«

Dabei möchten alle drei sich gar nicht ablenken lassen. Das ist einfach nicht ihr Plan! Es passiert einfach wie von selbst, dass ihre Aufmerksamkeit plötzlich von einer wichtigen Sache auf eine ganz unwichtige abschwenkt. Irgendwie funktioniert sie deswegen halt nicht immer so gut, die Sache mit dem Zuhören - oder die Sache mit dem »dranbleiben«.

»Zappelphilipps Top-Tipps«

Da ihr ohnehin schon wisst, wie schlecht wir mit inneren und äußeren Impulsen zurechtkommen, werdet ihr sicher gleich besser verstehen, warum ich wohl niemals ein guter Zuhörer sein werde.

Um es klar zu machen: Am liebsten würde ich immer gut zuhören, schaffe es aber nicht, weil dauernd so viele andere Dinge gleichzeitig auf mich einstürmen, die ich leider nicht ausfiltern kann.

Darum tun mir Ermahnungen wie »Hörst du mir überhaupt zu?« oder »Schau mich doch an, wenn ich mit dir rede!« ein bisschen weh.

So helft ihr mir:

Wenn ich einmal doch gut zugehört habe, oder ihr gesehen habt, dass ich eine Aufgabe ohne Unterbrechung geschafft habe, tut mir euer Lob und euer Zuspruch so gut, dass es mir beim nächsten Mal noch wichtiger ist, mich nicht ablenken zu lassen. Ich glaube, das hat etwas mit meinem Selbstbewusstsein zu tun.

 

Eltern-Wahrnehmung: Anerkennungs-Sucht

Viele Eltern von ADHS- betroffenen Kindern und Jugendlichen berichten über ihr Gefühl, dass ihre Sprösslinge eigentlich dauernd Anerkennung und Lob einfordern, auch und besonders dann, wenn sie es vielleicht gar nicht verdient haben.

Habe mich dann am meisten lieb, wenn ich es am wenigsten verdient habe. (Celestin Freinet)

Kinder-Wahrnehmung: »stimmt«

Für betroffene Kinder ist es total wichtig, dass sie durch ihr Umfeld Anerkennung und Akzeptanz erfahren. Nichts Neues: Schließlich sucht ja jedes menschliche Wesen nach persönlicher Bestätigung. Aber dieser natürliche Hunger nach Anerkennung ist bei ADHS-betroffenen Kindern eben um einiges stärker ausgeprägt. Das liegt vor allem daran, dass sie es nicht besonders gut verstehen, sich selbst so anzunehmen wie sie sind.

Nur wenn wir uns selbst annehmen, erkennen wir den Sinn unseres Lebens. (Buddhistische Weisheit)

 »Zappelphilipps Top-Tipps«

Was viele Erwachsene nicht wissen ist, dass Kinder mit ADHS stark dazu neigen, eine bereits erhaltene Anerkennung nach kurzer Zeit schon nicht mehr zu glauben. Wir wollen sie deshalb meistens gleich noch einmal hören, und haben damit immer noch nicht genug.

Da unser Selbstwert also ein Gefäß mit einem Loch zu sein scheint, nützt es nicht wirklich nachhaltig, wenn ihr versucht, es mit möglichst viel Flüssigkeit aufzufüllen. Ihr wisst schon, was ich damit meine: Andauerndes und immer gleichförmig klingendes Loben.

So helft ihr mir:

Auf die richtig dosierte Füllung kommt es an. Und die besteht am besten aus ganz spezifischer Anerkennung: Das heißt, dass wir eure Zufriedenheit, die uns so wichtig ist, viel eher glauben können, wenn ihr uns genau sagt, welches Detail euch von dem gefallen hat, was wir gerade gut gemacht haben. Es können natürlich auch mehrere Details sein, umso besser. Dankend angenommen, jedenfalls!

Ein Beispiel gebe ich euch natürlich gern: Statt der Floskel »Du warst heute so brav beim Vorlesen« denkt bitte genau nach und lasst es dann vielleicht so klingen: »An deiner heutigen Bildgeschichte war am schönsten, wie du mich bei Sumsis Vorstellung zum Lachen gebracht hast.«

Alles klar?

Manchmal ist es sogar gut zu sagen, was euch nicht so gefallen hat, aber bitte vorsichtig! So betten wir die Leistung, für die wir gelobt worden sind, noch stärker in unserer Wahrnehmung ein. Es wird dann mit dem gerade erlebten Lob noch ein weiteres Gefühl verbunden, wodurch das Erwünschte nachhaltiger im Gedächtnis bleibt.

Außerdem empfinden wir euer Lob dann als aufrichtiger.

Aufrichtigkeit ist nämlich für unser Selbstwertgefühl ebenso wichtig wie die Anerkennung selbst. Wenn ihr mit uns ehrlich seid, stärkt ihr damit unser Gefühl, voll akzeptiert und gemocht zu werden.

Behandle die Menschen so, als wären sie, wie sie sein sollten, und du hilfst ihnen zu werden, wie sie sein können. (Johann Wolfgang von Goethe)